Der erfolgreiche Flug der Waldrappe

23. September 2010

Waldrappe sind Zugvögel. Die Jungtiere müssen die Zugroute in das Wintergebiet von ihren Eltern lernen. Fehlen diese und will man Zoonachkommen wiederansiedeln, müssen Menschen die Jungvögel mit den nötigen Informationen ausstatten. Die bislang einzige Möglichkeit dazu ist, Vögel durch menschliche Zieheltern aufzuziehen und sie darauf zu trainieren, der Bezugsperson in einem Ultraleicht-Flugzeug zu folgen.

Am 18. August 2010 startete in Bayern zum siebten Mal ein Leichtflieger mit Biologen, um 16 jungen Waldrappen aus Zoos ihre Zugroute zu ihren Winterquartieren in den Süden zu zeigen. Die 1.219 km lange Route führte von Bayern, durch Österreich, östlich an den Alpen vorbei nach Slowenien und schließlich nach Italien.

Am 12. September erreichte das Waldrappteam mit 14 Vögeln das WWF Schutzgebiet Laguna di Orbetello in der südlichen Toskana. Zwei Vögel sind durch Verletzungen ausgefallen und wurden an Zoos abgegeben. Mit nur sieben Flugetappen und einer durchschnittlichen Tagesflugdistanz von 180 km war es die schnellste Reise in den Süden. Die Gründe für diesen Erfolg sind vielfältig. „Eine Schlüsselrolle spielt die Leistung der beiden Ziehmütter Daniela Trobe und Sinja Werner. Die Biologinnen haben im April 16 Küken zur Aufzucht übernommen, sich voll und ganz ihren Vögeln gewidmet und kaum einen Tag ohne sie verbracht", erklärt Johannes Fritz, Projektleiter des Waldrappteams.

Ein messbarer Ausdruck für die Qualität der Arbeit der Ziehmütter ist das Körpergewicht der Vögel. Zu Beginn der Migration verloren die Vögel rund 4 % ihres Körpergewichtes. Im weiteren Verlauf konnten sie ihr Gewicht weitgehend halten. Projektleiter Johannes Fritz erklärt, warum das entscheidend ist: „Wenn sich das Körpergewicht der Vögel auf rund 90 % des Startgewichtes reduziert, dann steht die Migration. Da sind die Vögel nicht mehr weiter zu bekommen. Das konnten wir bei einer früheren Migration erleben."

In freier Wildbahn sind Waldrappe hoch bedroht. Neben einer letzten Kolonie in Marokko gibt es nur mehr im Nahen Osten eine Reliktkolonie mit drei Individuen, die letzten ihrer Art. Diese drei Vögel migrieren immer noch zwischen dem Brutgebiet in Syrien und dem Wintergebiet in Äthiopien.

Der Tiergarten Schönbrunn stellt für das Projekt immer wieder Jungvögel und Futter zur Verfügung, betreibt Öffentlichkeitsarbeit und leistet finanzielle Unterstützung.