Waldrappe zeigen: Die V-Formation spart Energie

16. Jänner 2014

Vögel fliegen in V-Formation, um Energie zu sparen. Das hat man bisher vor allem aufgrund von Berechnungen vermutet. Britische Forscher konnten nun mit dem österreichischen Waldrappteam nachweisen, dass Vögel in der V-Formation tatsächlich am aerodynamisch besten Punkt fliegen und ihren Flügelschlag mit ungeahnter Präzision abstimmen, um Energie zu sparen, berichten sie im Fachmagazin "Nature".

Mathematische Berechnungen haben gezeigt, dass Vögel im Formationsflug Energie sparen können, indem sie den von vorausfliegenden Artgenossen erzeugten Aufwind nutzen. Es gab viel Skepsis an der Energiespar-Hypothese, weil man sich eine derart exakte Abstimmung des Flugverhaltens, wie sie von den Modellen gefordert wurde, nicht vorstellen konnte. "Auch die Wissenschaftler vom Royal Veterinary College der University of London waren Skeptiker, als sie beim Waldrappteam anfragten, ob sie mit den Vögeln arbeiten könnten", so der Zoologe und Leiter des Waldrappteams, Johannes Fritz.

Das Waldrappteam widmet sich gemeinsam mit dem Tiergarten Schönbrunn seit Jahren der Wiederansiedlung des in Mitteleuropa seit Jahrhunderten ausgerotteten Zugvogels. Neben der Aufzucht der Vögel bemüht sich das Team auch, den von Hand aufgezogenen Tieren mithilfe von Ultraleichtflugzeugen eine Zugroute nach Italien beizubringen. Mit dieser Anleitung schafften es 2004 die ersten Waldrappe bis zu ihrem Winterquartier in der Toskana, 2011 schaffte es der erste Vogel selbstständig wieder zurück in den Norden.

Die handzahmen Tiere ermöglichten den britischen Wissenschaftlern, 14 Vögel mit Datenerfassungs-Geräten auszustatten und an zwei Tages-Etappen auf dem Weg nach Süden exakt deren Position, Geschwindigkeit, Richtung und jeden einzelnen Flügelschlag zu erfassen. Dabei zeigte sich, dass die Vögel oft ihre Position in der Formation wechselten und dabei ihren Flügelschlag so anpassten, dass sie den größten aerodynamischen Vorteil mit dem vom Vordervogel erzeugten Aufwind erzielen konnten.

Flogen sie seitlich etwas versetzt, was in der Gruppe dann die V-Formation ergibt, schlugen sie ihre Flügel völlig synchron und gleichzeitig mit jenen des voranfliegenden Artgenossen. Flogen sie dagegen direkt hintereinander, war der Flügelschlag zwar auch synchron, aber gegenläufig, also nach unten gerichtet, wenn der "Vordermann" seine Flügel nach oben bewegte und umgekehrt. Damit könnten sie die negativen Effekte der vom voranfliegenden Vogel erzeugten Abwinde ausgleichen, vermuten die Wissenschaftler.

Der Waldrapp zählt zu den am stärksten bedrohten Vogelarten weltweit. In Mitteleuropa war der Zugvogel bis ins 17. Jahrhundert heimisch, wurde aber durch Überjagung ausgerottet. Stationäre Waldrapp-Kolonien gibt es dank mehrerer Wiederansiedlungsprojekte in der Türkei, Marokko, Spanien, Bayern und in Österreich, etwa in Grünau im Almtal (OÖ). Fritz geht es nun um die "nachhaltige Wiederansiedlung des Waldrapp in Europa". Dafür wurde mit Partnern aus Österreich, Italien und Deutschland mit Jahresbeginn ein EU-Projekt ("LIFE+") gestartet. "Wir haben uns vorgenommen, bis 2019 einen Bestand von mindestens 120 Vögeln zu haben", so Fritz.