Tiergarten als Libellen-Refugium

  • Blaugrüne Mosaikjungfer (Aeshna cyanea) auf einem Tiger

Helikopter der Natur

Als wahre Akrobaten unter den Insekten schwirren Libellen blitzschnell durch die Lüfte. Sie sind ein bedeutsamer Indikator für gesunde Biotope, denn ihr gesamter Lebenszyklus ist auf das Vorhandensein sauberer Gewässer angewiesen. Die räuberischen Larven leben unter Wasser. Nachdem sie ihre Entwicklung vollzogen haben, klettern sie an geeigneter Ufervegetation empor und durchlaufen eine vollständige Verwandlung – auch Metamorphose genannt. Dabei platzt die Haut der Larve am Rücken auf. Aus ihr schlüpft eine adulte Libelle, die schon bald darauf ihren ersten Flug antritt. Nach der Paarung werden auch die Eier von den Libellen-Weibchen wieder im Wasser abgelegt.

Gefährdung

Leider sind Libellen durch die Fragmentierung, Zerstörung und Verbauung aquatischer Lebensräume sowie durch die Belastung von Gewässern durch Chemikalien und Pestizide gefährdet. Besonders im städtischen Bereich werden Lebensraumverluste immer gegenwärtiger. Daher übernehmen naturnahe Gewässer im urbanen Raum für diese einzigartigen Insekten eine wichtige Rolle als Refugien oder Trittsteine. Der Tiergarten Schönbrunn legt großen Wert darauf, bei der Errichtung neuer Anlagen, Lebensräume für die heimische Libellenfauna zu schaffen.

Heimische Libellenarten im Tiergarten

2022 wurde im Auftrag des Tiergarten Schönbrunn erforscht, wie viele Libellenarten im Zoo und an der Schwarzen Lacke in der Höheren Bundeslehr- und Forschungsanstalt für Gartenbau Schönbrunn vorkommen. Finanziell unterstützt wurde das Projekt von der Stadt Wien – Umweltschutz (MA 22). Im Tiergarten konnten stolze 26 Libellenarten nachgewiesen werden. Das sind rund 42% der Wiener Libellenfauna. Von diesen 26 Arten sind neun gemäß der Roten Liste Österreichs als gefährdet eingestuft. Unter ihnen befindet sich auch ein wahres Juwel – die Gabel-Azurjungfer (Coenagrion scitulum). Diese Libellenart ist in Österreich sogar vom Aussterben bedroht. Im Tiergarten kommen Libellenarten mit sehr unterschiedlichen Habitat-Ansprüchen vor, das spiegelt ein diverses Angebot an aquatischen Lebensräumen wider. Die unterschiedliche Gestaltung der Gewässer, angepasst an die Ansprüche der Zootiere, fördert daher zugleich die Libellendiversität.

Liste der Schönbrunner Libellenfauna:

Gebänderte Prachtlibelle (Calopteryx splendens)
Blauflügel-Prachtlibelle (Calopteryx virgo)
Gemeine Binsenjungfer (Lestes sponsa)
Gemeine Weidenjungfer (Chalcolestes viridis)
Gemeine Winterlibelle (Sympecma fusca)
Große Pechlibelle (Ischnura elegans)
Hufeisen-Azurjungfer (Coenagrion puella)
Fledermaus-Azurjungfer (Coenagrion pulchellum)
Gabel-Azurjungfer (Coenagrion scitulum)
Kleines Granatauge (Erythromma viridulum)
Blaue Federlibelle (Platycnemis pennipes)
Frühe Adonisjungfer (Pyrrhosoma nymphula)
Blaugrüne Mosaikjungfer (Aeshna cyanea)
Keilfleck-Mosaikjungfer (Aeshna isoceles)
Große Königslibelle (Anax imperator)
Kleine Königslibelle (Anax parthenope)
Früher Schilfjäger (Brachytron pratense)
Kleine Zangenlibelle (Onychogomphus forcipatus)
Gemeine Smaragdlibelle (Cordulia aenea)
Vierfleck (Libellula quadrimaculata)
Plattbauch (Libellula depressa)
Großer Blaupfeil (Orthetrum cancellatum)
Kleiner Blaupfeil (Orthetrum coerulescens)
Blutrote Heidelibelle (Sympetrum sanguineum)
Große Heidelibelle (Sympetrum striolatum)
Gemeine Heidelibelle (Sympetrum vulgatum)

Lieblingsorte im Zoo

Vor allem Gewässer mit natürlich gestalteten, gut strukturierten Ufern und aquatischer Vegetation werden von vielen Libellenarten aufgesucht. Dazu gehört die Anlage der Wasservögel sowie die kleinen Gewässer bei den Afrika-Anlagen. Wer Libellen beobachten will, sollte auch einen Blick auf den Brunnen vor dem Verwaltungsgebäude werfen: Hier sind die faszinierenden Tiere besonders gut zu sehen.

Victoria Kargl, MSc (li.) und Iris Fischer, MSc (re.), Libellenexpertinnen: 

„Zusammengefasst verdeutlichten die Artenzusammensetzung und der hohe Anteil sowohl an spezialisierten als auch an Rote-Liste Arten das große Potenzial der Gewässer des Tiergartens. Man sieht auch deutlich, dass die bereits geschaffenen Lebensräume von Libellen angenommen werden. Es freut uns sehr, dass unsere Empfehlungen zur Förderung der Libellendiversität auch künftig in das Management des Tiergartens einfließen werden.“

Tipps für den Schutz von Libellen:

Libellenschutz ist Gewässerschutz:

  • Legen Sie kleine Teiche, Tümpel oder Weiher an.
  • Gestalten Sie Uferbereiche möglichst naturnah. Emerse Vegetation (Röhricht, Seggen, Binsen) im Uferbereich dient den Libellen auch bei hart verbauten Ufern als Schlupfsubstrat.
  • Fördern Sie aquatische Vegetation wie beispielsweise Tausendblatt oder Teich- und Seerosen. Zwischen den bewachsenen Bereichen benötigen Libellen aber auch offene Uferabschnitte.
  • Verzichten Sie auf zu hohen Fischbesatz der Gewässer.
  • Verzichten Sie auf Pestizide oder andere Stoffe, die neben der Tötung von Insekten auch Gewässer verunreinigen können.

Ihr Garten darf auch ein wenig wild sein!

  • Ein Golfrasen, bis ins Detail gezupftes „Unkraut“ und feinsäuberliche Blumenbeete sind nicht nur aufwändig, sondern haben auch einen negativen Effekt auf die Artenvielfalt. Libellen benötigen ein naturnahes Umfeld ihrer Gewässer. Heckensäume, blütenreiche Wiesen und Brachen sind alle gern gesehen. Denn hier leben auch viele andere Insekten, von denen sich Libellen ernähren. Geben Sie der Natur ein Stück Ihres Gartens zurück, sie wird es Ihnen danken!

Mit freundlicher Unterstützung der Stadt Wien – Umweltschutz (MA22).