Krähen im Visier der Wissenschaft

18. April 2010

Krähen gelten als sehr intelligent. Sie sind erfinderisch und verspielt. Auch hier im Tiergarten Schönbrunn lassen sie keine Möglichkeit aus, an leckere Nahrung zu kommen. Sie naschen gerne bei den Zootieren mit, lassen sich von Besuchern füttern, stehlen gar deren Jausenreste und nehmen Müllsäcke auseinander. Der Überfluss an Nahrung und der optimale Lebensraum im Schönbrunner Schlosspark führen dazu, dass Aaskrähen das ganze Jahr über in großer Dichte im Tiergarten zu finden sind. Dadurch und vor allem durch ihre Intelligenz können Krähen auch einige Probleme verursachen. Sie stören zum Beispiel Zootiere beim Fressen oder, noch schlimmer, bei der Jungenaufzucht. Ein Zwicken in den Schwanz oder ein Ziehen an den Haaren ist zwar an sich nicht schlimm, lenkt aber die Muttertiere ab und kann im schlimmsten Fall zum Verlust von Jungtieren führen. Ein genaueres Verständnis der Lernfähigkeiten und -vorlieben der Krähen soll dem Tiergarten erleichtern, Rückzugbereiche für belästigte Zootierarten zu schaffen. Zudem könnte die gute Lernfähigkeit der Krähen dazu genützt werden, sie von bestimmten Gepflogenheiten abzuhalten, indem man ihnen interessante aber unbedenkliche Alternativen anbietet.

Wissenschaftler der Universität Wien hingegen interessieren sich für viel grundsätzlichere Informationen, zum Beispiel wie schnell diese Vögel lernen, neue Nahrungsquellen für sich zu erschließen oder wie leicht sich die Vögel voneinander neue Techniken abschauen und ob sich so vielleicht gar eigene ‚Schönbrunner Traditionen' entwickeln, die man anderorts bei Krähen nicht finden kann.   Um herauszufinden, was bestimmt Krähen können, müssen sie für uns Menschen leicht unterscheidbar gemacht werden. Hierzu werden die Vögel in einer Art Reusenfalle gefangen, in der sie von selbst hineinfliegen, aber ohne Hilfe des Menschen nicht mehr leicht herauskönnen. Beim Befreien der Krähen werden sie fotografiert, gewogen, vermessen und mit Farbringen markiert. Nach wenigen Minuten in der Hand geübter Mitarbeiter des Zoos und der Universität Wien sind die Merkmale jedes Vogels vollends erfasst und die Tiere sind sofort wieder in Freiheit. Nun haben die Forscher die Möglichkeit, bestimmte Individuen im Umgang mit anderen Krähen zu beobachten und ihnen bei der Lösung von einfachen Problemlöseaufgaben wie zum Beispiel das Öffnen von Schachteln oder das Heraufziehen von Futter an einer Schnur genau ‚auf den Schnabel' zu sehen.

Insgesamt sollen in den nächsten Monaten 60-80 Tiere markiert werden. Die Ergebnisse werden dann mit der Krähenpopulation im schottischen Zoo von Edinburgh und weiteren Populationen verglichen.

Diplomarbeit und Masterthesis: Nahrungserwerbsstrategien von individuellen Aaskrähen am Gelände des Zoos Schönbrunn.

Gefördert von ÖNB

Durchgeführt von Martina Schiestl und Rachel Miller

Betreut von Prof. Dr. Thomas Bugnyar, Department für Kognitionsbiologie, Universität Wien