Haben die "Schönbrunner Krähen" Tradition?

Strategien des sozialen Lernens bei Raben- und Nebelkrähen
(Corvus corone corone, Corvus corone cornix)

Krähen gelten, wie alle Rabenvögel, als äußerst intelligent. Sie können ihr Verhalten schnell an veränderte Gegebenheiten anpassen und zeigen sich dabei sehr erfinderisch, neugierig und verspielt. Auch hier im Tiergarten Schönbrunn lassen sie keine Möglichkeit aus, um an Nahrung zu gelangen. Sie fressen bei den Zootieren mit, lassen sich von den BesucherInnen füttern, stehlen gar deren Jausensäcke und nehmen auch manchmal Müllsäcke auseinander. Wie kommen sie aber auf all diese Ideen? Ist wirklich jede einzelne Krähe so schlau um jede Möglichkeit an Futter zu gelangen selbst zu „erfinden"? Ist es nicht viel wahrscheinlicher, dass die Tiere sich derartige Verhaltenweisen von Artgenossen abschauen, von ihnen also lernen? Denn Krähen sind für ihre schnelle Auffassungsgabe, für ihre gute Lernfähigkeit bekannt. Warum also sollten sie diese nicht auch dazu nutzen, um sich ein mühseliges, manchmal gefährliches Versuch-und-Irrtums-Lernen zu ersparen und lieber Artgenossen Neues ausprobieren lassen und erfolgreiches Verhalten dann sozial erlernen.

Die spannende Frage hierbei ist, ob Krähen von allen anderen Artgenossen gleichermaßen gut und gerne lernen, oder ob sie bestimmte Individuen als „Vorzeigemodelle" bevorzugen. Um dies untersuchen zu können, müssen wir Menschen die Krähen zuerst voneinander unterscheiden können. Hierzu werden die Vögel mit Farbringen markiert. Die WissenschaftlerInnen der  Uni Wien nehmen an, dass etwa Junge von Alten lernen, Weibchen von Männchen, Freunde voneinander oder aber auch Vögel, die am unteren Ende der Hierarchie stehen vorrangig von den „Bossen" des Verbandes. Wer von wem lernt wollen sie in einem 3-Jahres-Projekt herausfinden.

„Wir wollen mithilfe von Verhaltensbeobachtungen zunächst die genauen Beziehungen der ‚Schönbrunn-Krähen' untereinander bestimmen um den Vögeln dann Lernaufgaben zu stellen und zu sehen, wer von wem lernt und welchem Muster die Ausbreitung des Gelernten innerhalb des Verbandes folgt. Außerdem wollen wir untersuchen wielange sich gelerntes Wissen innerhalb des Verbandes hält, ob und für wie lange Zeit sich somit eine Tradition ausbilden kann. Die Ergebnisse solcher Studien helfen uns zu verstehen welche Vorraussetzungen es zur Entstehung von Kultur braucht und welche Mechanismen dabei am Werk sind."

Projektleitung: Mag. Dr. Christine Schwab, Department für Kognitionsbiologie, Universität Wien
Gefördert von: WWTF (Wiener Wissenschafts-, Forschungs- und Technologiefonds), Projekt CS11-008
Durchgeführt von: Rachael Miller, Sarah Deventer, Christine Schwab

Betreuung der Masterarbeiten und Dissertationen:

Prof. Dr. Thomas Bugnyar, Department für Kognitionsbiologie, Universität Wien
Mag. Dr. Christine Schwab, Department für Kognitionsbiologie, Universität Wien